
Die neue Generation: Gen alpha
Gefühlt sind wir noch dabei, Gen Z zu verstehen. Doch schauen wir genau hin, stellen wir fest, dass die mittlerweile fast erwachsen ist und die nächste Generation anfängt, bzw. schon voll dabei ist, unsere Gruppenstunden zu füllen.
Wer ist die Generation alpha? Das sind Kinder und Teens, die seit 2010 geboren sind und damit die erste richtige Generation das 21. Jahrhunderts. Youthscape, eine große Plattform für Jugendarbeit aus Großbritannien, hat nun einen ersten Überblick gegeben, was es bereits für Studien zur Gen alpha gibt. Die Eckdaten dieser Generation haben sie auf einer Seite zusammengefasst und Mr. Jugendarbeit hat sie bereits übersetzt. Im Folgenden möchte ich euch kurz einige der Studien vorstellen, die Youthscape in ihrem Bericht The Story zusammengetragen hat, und erste Gedanken für uns formulieren.
1. Springtide's Thirteen
2024 hat Springtide Research ihre Studie zu 13-Jährigen in den USA veröffentlicht. Sie haben dreizehn Erkenntnisse zusammengefasst, was das Leben von 13-Jährigen aktuell prägt. Natürlich sind unsere Teens nicht direkt mit den USA zu vergleichen. Dennoch lassen sich aus Studien der USA häufig Trends erkennen, die in den nächsten Jahren auch nach Europa und Deutschland herüberschwappen.
- Das Alter ist zentraler Teil des Selbstbildes.
- Freundschaften, die oft ethnisch divers sind, stehen im Mittelpunkt.
- Smartphones erscheinen "süchtigmachend" und deren Gebrauch wird von Eltern kontrolliert.
- Der Einfluss der Coronapandemie war nicht nur negativ.
- Ungleiche Umstände haben dafür gesorgt, dass die Pandemie sehr unterschiedliche erlebt wurde.
- Ethnische Zugehörigkeit setzt den Rahmen für Zukunftsperspektiven.
- Religion und Spiritualität sind häufig Teil von Identität und Alltag.
- Politische Ausrichtungen müssen noch gebildet werden.
- Der Klimawandel sucht die Zukunftsperspektiven heim.
- KI ist normal und wird kreativ genutzt.
- Gen alpha ist die ethnisch diverseste Generation der USA und sieht das als etwas Gutes an.
- Einsamkeit, Sorgen und Ängste sind Teil des Lebens.
- Für etwas Gutes ist es okay, nervös zu sein oder Angst zu haben.
Drei dieser Punkte hat Youthscape herausgenommen und mit ihren Daten aus Gen Z Studien ergänzt.
7. Religion und Spiritualität
Verschiedene Gen Z Studien zeigen, dass Spiritualität wieder mehr ein Teil des Lebens ist. Die Studie von Springtide legt nun nahe, dass sich dieser Trend auch im Gen alpha fortsetzt. Das hieße, dass junge Menschen grundsätzlich mehr Interesse an Gott und Glaube haben. Allerdings haben weitere Studien gezeigt, dass sie Spiritualität nicht automatisch in der Kirche suchen. Vielmehr gibt es vermehrt Stimmen von jungen Menschen, die sich aktiv von Kirche und Gemeinde distanzieren, weil sie die Menschen dort als heuchlerisch empfinden, dort kein sicherer Raum für Fragen und Zweifel ist oder ihre Themen nicht angesprochen werden.
Diese Trends können uns einerseits ermutigen, Menschen von Gott zu erzählen und Räume zu schaffen, in denen Gottesbegegnung möglich ist. Andererseits fordern sie uns heraus, unser Verhalten und unsere Wirkung kritisch zu reflektieren: Ist die Liebe Gottes das, was Menschen in unseren Gemeinden erleben? Wie gehen wir mit Zweifeln und Fragen um? Ist Raum, um über die Themen der jungen Menschen ernsthaft und respektvoll zu sprechen?
9. Klimawandel
Der Klimawandel ist kein Neuland und dass unsere jungen Menschen dadurch besorgt sind, ist keine Neuigkeit. Bereis Gen Z hat deutlich gemacht, dass Handeln erforderlich ist. Interessant ist, dass Gen alpha diesem Thema mit wesentlich mehr Erwartung gegenüber Gesellschaft, Staat und Wirtschaft entgegentritt, wie die unten beschriebene GWI Studie zeigt. Für Gen alpha ist Klimaschutz kein persönliches Thema mehr, sondern eindeutig eines der Gesamtgesellschaft.
Schöpfungsbewahrung ist ein Auftrag, den der Mensch ganz zu Beginn schon bekommen hat. Und damit sollte es die Erinnerung unserer Kinder nicht brauchen. Ich finde es erschütternd zu hören und zu lesen, dass Kinder und Jugendliche ihre Zukunftsträume anpassen and die "Heimsuchung" des Klimawandels. Also sollten wir als Gemeinden uns fragen: Was ist unserer Verantwortung hierin? Was sollte wir tun, um unseren Beitrag zur Schöpfungsbewahrung zu leisten?
12. Einsamkeit, Sorgen, Ängste
Der Begriff der Einsamkeitsepidemie wurde zuerst in Großbritannien geprägt und viele Studien von dort zeigen, dass Einsamkeit vermehrt unter jungen Menschen auftritt. Und auch aktuelle Studien aus Deutschland beschäftigen sich mit diesem Phänomen. Eine HBSC-Studie aus Brandenburg zeigt, im Einklang mit den Studien aus Großbritannien, unter anderen einen Zusammenhang zwischen sozialökonomischem Status und Einsamkeit bei jungen Menschen - wer ärmer ist, hat eine höhere Wahrscheinlichkeit, sich einsam zu fühlen. Die COPSY-Studie betrachtet zudem die allgemeine psychische Belastung von jungen Menschen und stellt deutlich da, wie die weltpolitischen Ereignisse Einfluss auf unsere Kindern nehmen.
Diese Erkenntnisse fordern uns heraus, uns ehrlich mit diesen Themen auseinanderzusetzen. Denn Sorgen, Ängste und Einsamkeitsmomente sind Teil des Lebens. Dennoch stellt sich auch die Frage: Welche Angebote haben wir gegen Einsamkeit bei Kindern (und auch bei Erwachsenen und Senioren!)? Welche Glaubensantworten haben wir und wie tragfähig sind diese wirklich? Gerade der Zusammenhang zwischen Armut und Einsamkeit fordert uns heraus, uns Gedanken über diakonisches Handeln zu machen. Wie können wir die Schwächsten unserer Gesellschaft erreichen und unterstützen?
2. GWI Gen alpha Marktstudie
Eine Marktstudie hat das Ziel, Menschen als Konsumenten zu untersuchen. Daher sind die Erkenntnisse dieser Studie bedingt auf unseren Kontext anzuwenden. Dennoch handelt es sich hierbei um einen der größten Studien zu dieser Altersgruppe, die in 16 verschiedenen Ländern (u.a. in Deutschland) durchgeführt wurde. Über die Website von GWI kann man die gesamte Studie herunterladen.
Die fünf zentralen Punkte der Studie sind folgende:
- Gen alpha feiert die "echte Welt".
- Audio-Medien und Kino sind wieder angesagt.
- Die elterliche Kontrolle wird weniger, während der Zugang zu technischen Geräte wächst.
- TikToks schnelles Wachstum hält an.
- Kinder lieben World-Building-Games.
Mir kommen dabei eine Reihe von Gedanken. Zwei möchte ich genauer ausführen. Zum Einen ist es spannend, dass die Kids von heute wieder etwas erleben wollen. Das bietet eine riesige Chance für uns als "Anbieter" von echter Action in Jungschar, Teenkreis oder Pfadfinderarbeit. Dabei muss uns allerdings bewusst sein, dass diese Angebote nicht mehr so aussehen können wie vor der Pandemie. Denn die Kinder der Pandemie haben viele wichtige Entwicklungsschritte damals nicht richtig machen können. Und in einer Welt, wo so viel digital passiert, können wir nicht davon ausgehen, dass sie alles können und alles wissen. Wir sind also herausgefordert, ein Stück weit mit ihnen Abenteuer erleben zu lernen. Und Herausforderungen so zu gestalten, dass sie sicher sind und nicht überfordern.
Zum Anderen sind Videospiele ein normaler Teil des Alltages von Kinder und Jugendlichen. Was bei Millenials noch ein spezielles Hobby war, ist nun in der Breite angekommen. Interessant ist, dass hier trotzdem kindliche Kreativität und Abenteuerfreude dominieren. Denn Minecraft, Roblox un Co. sind sogenannte World-Building-Spiele - also Legobauen mit unendlich Ressourcen und anschließendem, unbegrenztem Abenteuer erleben mit Freunden. Hier bieten sich wunderbare Möglichkeiten kreativ zu werden und Gemeinschaft zu erleben. Deshalb gibt es auch unsere BLOCKS-Freizeiten. Dort nehmen wir dieses Hobby der Kids ernst und erleben immer wieder Kinder und Eltern, die dankbar sind für die neuen Freundschaften und die Möglichkeit, von Jesus zu hören.
3. kleinere Studien aus GB
- Belief in Britain (Christopher Gasson, 2025) - Wie steht es um Glaube und Religion unter Briten?
Ziel der Studie war eigentlich, zu beweisen, dass Briten immer atheistischer werden. Doch tatsächlich zeigt sich ein anderes Bild. Junge Menschen sind spiritueller und religiöser als über 45-Jährige. Zudem haben sie ein Problem mit der Privatisierung von Glaube. Sie möchten, dass Gottesbegegnung wieder mehr ein gemeinschaftliches Erlebnis wird. Gleichzeitig sind aber Briten allen Alters äußerst kritisch gegenüber der Institution Kirche. Sie wünschen sich gemeinschaftliches Gottes-Erleben, aber ohne den "Machtmissbrauch, die Übergriffe und die Gewalt von organisierter Religion".
Es zeigt sich ein ähnlicher Trend wie zuvor: mehr Interesse an Religion, aber ernsthafter Zweifel an Kirche. Für mich bedeutet das, dass wir als Gemeinden dringend reflektieren müssen, wie wir miteinander unterwegs sind, wie wir über Gott und die Bibel sprechen und wie über Menschen. Das Menschen Kirche wegen der Missbrauchsskandale ablehnen ist nicht überraschend. Daher ist sind noch viel mehr herausgefordert, tatsächlich die Liebe Gottes in unseren Beziehungen und unserer Lehre leuchten zu lassen.
- Lost Boys: State of the Nation (Centre for Social Justice, 2025)
In den letzten Jahre wurde, zu Recht, viel der Fokus auf die Förderung von Frauen und Mädchen gelegt. Diese Studie stellt allerdings fest, dass dabei die Jungs ein Stück weit auf der Strecke geblieben sind. Die Studie zeigt, dass junge Männer weniger in Schule, Ausbildung oder Arbeitverhätnissen sind und wenn sie doch arbeiten, weniger gut bezahlt werden als ihre Altersgenossinnen. Zudem sind sie weniger oft bereit für die Schule und haben durchschnittlich schlechtere Schulzeugnisse. Dafür werden sie doppelt so häufig von der Schule suspendiert. Außerdem ist es wahrscheinlicher, dass sie Straftaten begehen und dass sie Opfer von Gewaltkriminalität werden. Die Personen, die am wahrscheinlichsten Opfer von krimineller Ausbeutung werden, sind Jungen im Alter von 17 und jünger (in GB). Die Suizidzahlen unter Jungen ist höhrer und in den letzten Jahren ist die Zahl der Esstörungen bei Jungen stark gestiegen.
Diese Studie hält vor Augen, dass die Herausforderungen und auch Gefahren für Jungen in dieser Gesellschaft massiv sind - und dass sie damit alleine überfordert sind. Und damit sind wir herausgefordert die Jungen unserer Gemeinden und ihre Freunde in den Blick zu nehmen. Wie sieht ein gesundes Männerbild im 21. Jahrhundert aus? Wo finden sie positive Vorbilder, die selbstbewusst Männer sind und gleichzeitig reflektiert mit toxischen Männlichkeitszügen umgehen?
geschrieben von Rike